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Krankenversorgung und Pflege dürfen keine Wirtschaftsgüter sein.

Talfahrt stoppen und Versorgung gewährleisten

Ein Artikel von Heike Schmitt (05.2021)

Nicht erst durch die Corona-Pandemie wird deutlich, dass die fortschreitende Privatisierung im Kranken- und Pflegebereich zu katastrophalen Zuständen in den Einrichtungen selbst und in der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung geführt hat.

Anstatt die erwirtschafteten Gelder in Sanierung und Erneuerung von Gebäuden und technischem Gerät zu investieren, wurden solche Gelder dazu verwendet, Investoren Gewinne zu sichern, die so im eigentlichen Sinne nicht vorhanden waren. Um diese Gewinne noch zusätzlich zu steigern wurde an Hygiene- und Personalkosten gespart.

Ein paar Zahlen zur Verdeutlichung :

Krankenhäuser [1]
1991
2019
Veränderung
Anzahl 2.411 1.94 – 497
Patientenbetten 665.565 494.326 – 171.239
Anzahl Patienten 14.576.613 19.415.326 + 4.838.713
Verweildauer in Tagen 14 7,2 – 6,8
Auslastung in % 84,1 77,2 -6,9
Pflegeheime [2]
1999
2019
Veränderung
Anzahl 8.859 15.380 + 6.521
Privat geführt 3.092 6.570 + 3.478
Ø Plätze 66
Gemeinnützig geführt 5.017 8.115 + 3.098
Ø Plätze 69
Öffentlich geführt 750 695 – 55
Ø Plätze 72
Personal [3]
1999
2019
Veränderung
In Krankenhäusern gesamt 1.105.912 1.296.663 + 190.751
davon ärztlicher Dienst 120.608 196.470 + 75.862
nichtärztlicher Dienst 985.304 1.100.193 + 114.889
in Heimen gesamt 440.940 796.489 + 355.549
davon Vollzeit 211.544 231.847 + 20.303
Pflege- u. Betreuungsdienste 183.782 421.550 + 237.768
davon Vollzeit 56.914 117.124 + 60.210

In den Pflegeheimen stehen im Durchschnitt 69 Plätze zu Verfügung, so dass dort ca. 1.061.220 Pflegebedürftige versorgt und betreut werden können. Rechnet man pauschal mit ca. 50% reines Pflegepersonal in 3 Arbeitsschichten, kommt auf jede Pflegekraft mit Patientenkontakt im Durchschnitt 10 Pflegebedürftige.

Um alle pflegebedürftigen Menschen versorgen zu können, gesellen sich noch ca. 72.700 private häusliche Pflegekräfte hinzu, wobei diese oftmals durch ambulante Pflegedienste unterstützt werden müssen. Mit anderen Worten stehen 4,13 Millionen pflegebedürftigen Menschen nur ca. 1,22 Millionen Beschäftigte im Pflegebereich gegenüber, von denen ca. 0,87 Mill. in Teilzeit arbeiten. [4]

Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt durch den demografischen Wandel immer weiter an. Auch geänderte und verschlechterte Arbeitsbedingungen und die Verlängerung der Lebensarbeitszeit tragen maßgeblich dazu bei, ebenso wie die geänderten Lebensverhältnisse und die zunehmende soziale Kälte in der Gesellschaft.

Gleichzeitig reduziert sich die Anzahl der Pflegekräfte. Zurzeit fehlen deutschlandweit mindestens 100.000 Pflegekräfte.

Die Folgen sind sowohl in Krankenhäusern, als auch in Pflegeheimen zu spüren. Überall sind personelle Engpässe Standard.

Da diese Zustände über längere Zeit andauern, steigt die Unzufriedenheit beim Personal, es kommt zu hohen Krankenständen und oftmals der Wechsel in andere Betriebe oder gar Berufe. So verstärkt sich unter Anderem zunehmend das Problem des Pflegekräftemangels.

Für die Übriggebliebenen bleiben Überstunden, Urlaubssperren und fehlende Freizeit. Dies hat oft dramatische Auswirkungen aufs Privat- und Familienleben.

Für die Einrichtungen selbst steigen die Kosten für die Personalakquise, Betten werden gesperrt, Stationen oder sogar ganze Einrichtungen geschlossen. Immer mehr ambulante Pflegedienste müssen Versorgungen wegen fehlender Kapazitäten ablehnen, die zu Hause Pflegenden werden vermehrt alleine gelassen.

Unzufriedenheit beim Personal macht sich breit

Schlechte Gegebenheiten, Voraussetzungen und Arbeitsbedingungen erzeugen Unwohlsein und Unzufriedenheit. Die Pflegerin, der Pfleger erscheint schon „lustlos“ zur Arbeit, aus Idealismus wird schnell Frust.

Doch warum ist das so ?

  • Keine spezielle Betreuung von Sterbenden möglich
    (Sterbebegleitung nur durch Ehrenamtliche möglich, die dann missbraucht werden, um Personaleinsparungen zu rechtfertigen)
  • Durch vorgegebene Pflegeminuten entsteht Zeitdruck, unter dem letztlich auch die Patienten leiden müssen. (Vergleichbar mit einer zu hohen Taktfrequenz am Fließband)
  • Überbeanspruchung durch Personalmangel, erhöhte Gefahr von Pflegefehlern sowie gesundheitlichen Problemen, sowohl orthopädischer als auch psychischer Natur
  • durch fehlendes Personal wird der Zeitdruck noch gesteigert, Doppelschichten durch kurzfristiges Krankmelden, Überstunden sind schon an der Tagesordnung
  • ständige Feiertagsdienste durch fehlende Fachkräfte
  • hygienische Voraussetzungen können durch Zeitmangel nicht eingehalten werden, es besteht Gefahr für Personal und Patienten (Einsparungen beim Reinigungspersonal)
  • vermehrte freiheitsentziehende Maßnahmen wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten
  • Stellenwert der Fachkräfte sinkt, da Helfer fehlen
  • keine Wertschätzung durch Vorgesetzte und Gesellschaft
  • keine Fortbildungsmöglichkeiten durch Personalmangel und Kostenersparnisse
  • zusätzliche finanzielle Belastungen durch Pflegekammern mit Pflichtbeiträgen und Zwangsmitgliedschaften, die für die Pflegekräfte keinen Gewinn darstellen
Lösungen – gar nicht so weit hergeholt

Um die desolate Situation für Fachkräfte, Hilfskräfte und Patienten zu ändern ist es unabdingbar, dass die Gesundheitsvorsorge und -versorgung, gleich welcher Art, wieder vollständig unter die Kontrolle des Staates gebracht wird. Privat geführte Pflegeheime unterliegen den Auflagen der Gemeinnützigkeit, dürfen also keine Gewinne erwirtschaften. Für private Investoren stünden steuerliche Entlastungen als Gegenleistung im Raum.
Eine weitere Verbesserung wäre hier die uneingeschränkte Tarifbindung, die der zuständigen Gewerkschaft die Möglichkeit geben würde, angemessene und der Tätigkeit selbst würdige Gehälter auszuhandeln. Zur Finanzierung stünden hier die gleichen Möglichkeiten wie schon bei der Renten- und Krankenversicherung zu Verfügung – eine Kasse, in die alle solidarisch Einzahlen.

Für Pflegeheime kämen zudem noch folgende Möglichkeiten in Betracht :

  • vorgegebener Personalschlüssel pro Patientenanzahl (wie schon in Krankenhäusern)
  • wenn die vorgeschriebene Besetzung nicht möglich ist – Betten abbauen, zur Not  schließen
  • wertschätzende Vorgesetzte, die auch Pflegekräfte in Entscheidungen mit einbeziehen
  • flexible Teilzeit- und Dienstplanmodelle, Kinderbetreuungsangebote
  • Supervision und Teamgespräche ermöglichen
  • Abschaffung der Pflegekammern bundesweit
Häusliche Pflege – Solidarität par excellence

Heute fast völlig aus der „Mode“ gekommen sind Wohngemeinschaften in denen sich zwei, drei oder mehr Generationen unter einem Dach aufhalten und die Pflege der Alten und Kranken zu Hause erfolgen kann. Ursache hierfür ist oftmals die finanzielle Situation. Während früher noch eine Person die Familie versorgen konnte und auch das Altersruhegeld höher war, ist heute die Situation eine gänzlich andere.

Oftmals benötigen die Verdiener in einer Familie zwei Jobs, um über „die Runden“ zu kommen. Zuschüsse, die man für die Pflege von Familienangehörigen bekommt, reichen in der Regel nicht aus. Genau hier wollen wir, unter anderem, eine Änderung herbeiführen, die nicht nur die Familien entlastet, sondern den Betroffenen selbst einen würdevollen Lebensabend bescheren.

Dazu zählen zum Beispiel

  • die Einweisung in den Pflegealltag durch ausgebildetes Fachpersonal
  • feste Ansprechpartner bei Fragen, Sorgen und Nöten
  • psychologische Betreuung in den verschiedenen Phasen der Pflege
  • Hilfe in Zeiten notwendiger Entspannung, z.Bsp. freier Tag/Woche, Urlaub usw.
  • Unterstützung bei eigener Krankheit
  • Unter Umständen finanzielle Hilfen bei besonderer Betreuung oder häuslichen Umbauten.

Wenn die Familienverhältnisse eine solche Versorgung nicht ermöglichen, könnte die Unterbringung in einer auf dieser Lebensweise aufgebauten Gemeinschaft, in der die Mitbewohner durch notwendige Pflegekräfte unterstützt werden, eine überlegenswerte Variante darstellen. Diese „Vermischung“ zwischen Familien- und Heimunterbringung sollte für viele Bedürftige eine lebensbejahende Alternative bieten. So werden zusätzlich Pflegeheime und deren Personal entlastet, einer Vereinsamung der Betroffenen vorgebeugt, wodurch diese einen zufriedeneren Lebensabend nach einem harten Arbeitsleben genießen können.

[1] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Tabellen/gd-krankenhaeuser-jahre.html
[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/201876/umfrage/anzahl-von-pflegeheimen-nach-traegerschaft-in-deutschland/
[3] https://www.gbe-bund.de/gbe/pkg_isgbe5.prc_menu_olap?p_uid=gastd&p_aid=38237624&p_sprache=D&p_help=0&p_indnr=569&p_indsp=5090&p_ityp=H&p_fid=
[4] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Pflege/Tabellen/personal-pflegeeinrichtungen.html

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